Dichtung | Erzählung | Chimären

Wer immer schon im Licht ist,
             kann sich nicht aussetzen.

 

 

 

Die Goldwaage

 

Wallstein Verlag (2024)

 

 

  

  "Ein Wort klingt auf,

   singt die Welt in den Schlaf,

   entreißt ihr den Tag,

   und läutet ringsum, offenmündig,

   die Zeit des wildesten Wachstums ein."

   (aus: Frühlingsschlaf)

 

 

Text und Leben sind in den Gedichten Nasima Sophia Razizadehs nicht voneinander trennbar, und doch zieht sich zwischen den beiden eine flüssige Grenze. Die Freiheit, die es ermöglicht, vom einen ins andere zu fliehen, ist eine grenzenlose. In dieser Grenzenlosigkeit mäandern und fließen die Texte, immer wieder mündend in die Sprache selbst – »Die Zunge ist vogelfrei«, wie es in einem der Gedichte heißt. Die Motivik ist sprach-verwurzelter, sprach-durchwobener Natur, folgt sinnlich-stilistischen Chimären und thematischen Luftspiegelungen, legt und verwischt Spuren, die auf Körper verweisen, und reicht von der Pflanzen- und Tierwelt hin bis zur griechischen Antike – verbunden durch den Faden der Arachne, nicht der Ariadne, und immer auf der Suche nach der Freisetzung.

 

Razizadehs Texte verbinden Kontrastbilder wie Schwere und Leichtigkeit, Licht und Schatten, unmittelbare Erfahrung und abstrakte Gedanken zu dichten Geflechten, die zu einem besonderen Faszinosum aus Natur, Körperlichkeit und dem Poetischen werden.

 

 

"eine sehr taktvolle, eine zärtliche, eine ehrliche Lyrik über Schmerz, Neubeginn und all das Verborgene, das eigentlich dazwischen liegt – eine Lyrik, in die man sich verlieben kann!"

(Björn Hayer, DLF Kultur Lesart)

 

 

"Die Gedichte bleiben zurückhaltend in ihren Bögen der Auskünfte von jenem lyrischen Ich, das wie ein Brückenstein zu Satz / Besatz kommt. Hellwache Träume, wenn man so will, die wie Etüden einer Persona einspannen, der zugeschaut / -gehört werden darf [...]. Die Goldwaage ist nicht angelegt, um in einem Zug hindurchzulesen, die schiere Länge verhindert den Gesamteffekt, sondern vielmehr die Selbstähnlichkeiten im Einzelgedicht, wie in der einzelnen Silbenbetrachtung, ihrer Verarbeitungen bei Nasima Sophia Razizadeh schätzen zu lernen: 

Das vorsichtige Blättern."

(Jonis Hartmann, Textem)

 

 

 

Sprache und Meer 

 

Matthes & Seitz Berlin/ Rohstoff (2023)

 

 

 

"Auch die Sprache war bloß Schwimmung."

 

 

Dem Meer als Grenze des Landes oder als dessen Entgrenzung, als ein Mehr, das Verlust und Gewinn zugleich mit sich bringt, steht man mit Neugierde und Ehrfurcht, mit verspielter Vertrautheit und überwältigender Befremdung gegenüber – und nicht anders der Sprache. Eingetaucht verliert man hier wie dort unter den Füßen den Boden, bewegt sich regelrecht traumhaft, und es gleicht einem Wunder und jähen Erwachen, wenn die Rückkehr ans Festland dennoch gelingt. 

Nasima Sophia Razizadehs Texte in Sprache und Meer kommen immer wieder auf die Sprache zurück, kehren immer wieder ans Meer zurück, wagen sich hinein und hinaus, verschreiben sich dem Text- wie Wasserkörper, setzen sich den Gezeiten aus und untertauchen Gattungsgrenzen. Was schließlich auftaucht, sind Erzählungen und Dichtung, Mären und solche Texte, die all das, die Chimären sind. Denn im Schreiben, in der Sprache und im Blick auf die Sprache, zeigt sich, geht es immer um mehr, geht es um einen Überschuss, der über sich hinausweist auf anderes, auf den Anderen und nicht anders als sprachlich eingeholt werden kann.

 

 

"Literarische Debüts können ja viele Formen annehmen, aber wann hat es das zuletzt gegeben, dass ein Autor, eine Autorin als Erstes eine eigene Poetik vorlegt? „Sprache und Meer“ von Nasima Sophia Razizadeh [...] ist kaum weniger als das.
In gut dreißig kurzen Texten und auf nicht ganz einhundert Seiten werden drei Motive umkreist und immer wieder neu zueinander in Beziehung gesetzt: die Sprache, das Meer und der Körper. In den so gezogenen Dreiecken geht es um die Bedingungen des Schreibens: Erfahrung, Berührung, Worte, Werkzeuge, Zeit."

(Steffen Siegel)

 

 

"[...] Die Worte reihen sich im Horizont eines mit dem Unendlichen abgestimmten - und zugleich mit ihm ringenden - Rhythmus und dabei mit ergreifender Sicherheit so aneinander, dass jede einzelne Silbe den treffenden Klang erzeugt. Eine metaphysische Tondichtung, die Sprache, Leiblichkeit und immer wieder überraschende Sinnabgründe miteinander vermittelt. [...]"

(Alexander Schnell)

 

 

H.C. Artmann Stipendium 2023 | Writer-in-Residence in Salzburg

 

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